Die Wurzeln des Druidentums liegen sicher im animistischen Schamanentum. Schamanen stellen meistens ihre einzeln, grösstenteils individuell, in Trance gewonnenen Erkenntnisse zum Wohle ihrer Gemeinschaft, als Heiler, und Orakel zur Verfügung. Wie die Druiden auch, greifen sie dazu auf in ihrer Gesellschaft bekannte Konzepte, Bilder und Verfahren zurück. Ihre Trance ist oftmals durch Drogen oder asketische Praktiken hervorgerufen oder verstärkt. Das zehrt an Körper und Verstand. Viele Schamanen zahlen diesen hohen Preis bewusst, zum Wohle ihres Volkes.
Die Kelten und Druiden gehen dahingegen davon aus, dass die Anderswelt durch jedermann, mit genügend Achtsamkeit und Respekt zumindest am Rande wahrgenommen werden kann. Wer kennt nicht die Berichte vom Jungen, der eines Abends müde auf dem alten Erdhügel einschlief nur um verdutzt in einer Festgemeinschaft von Elfen zu erwachen? – Ist der Junge schlau und strebt nicht nach vergänglichem Reichtum, so geht die Geschichte meist gut aus….. Die Wahrnehmung der Anderswelt, diverser fühlbahrer Ortswesen, Dryaden, Undinen, Sylphen und Salamander, sowie mächtiger archetypischer Gottheiten ist jedermann prinzipiell möglich. Es bedarf allerdings einiger Geduld und Schulung. Ausserdem ist für manche Individuen die Verlockung zu gross, durch Scharlatanerie gutgläubige Mitmenschen hinters Licht zu führen.
Genau deshalb bildeten sich schon sehr früh, vermutlich irgendwo zwischen Indien und Griechenland Traditionen heraus, die durch stets vergleichbare Lehrsysteme sowohl den Charakter, als auch die paranormalen Fähigkeiten von geeigneten Kandidaten schulten. Als der gute alte Aesop seine Fabeln ersann, so waren das nichts anderes, als Gleichnisse von Ursache und Wirkung. Allgemein bemühen sich Druiden aller Zeiten seit jeher, die Zusammenhänge ihrer Umwelt in allgemein gültige Gesetze von Wirkung und Ursache zu ordnen. Physik, Mathematik, Astronomie, Heilkunde, Philosophie und Politik des Abendlandes haben ihre Wurzeln im Forscherdrang der Vorväter der Druiden! Die keltischen Druiden hatten ihr System schon in der la-Tene Zeit dabei so weit ausdifferenziert, dass die Lehre als Druide bis zu zwanzig Jahre in Anspruch nahm. – Es gab und gibt jedoch kein allgemeingültiges Druidenlehrsystem.
Ein Druide sollte sich jedoch auf einem der drei Pfade zur Meisterschaft, und in den andern beiden auf ein Mindestniveau bringen. Wie er das tut, ist ihm je nach Pfad und Begabung freigestellt. In jedem der drei Wege lässt sich die Unfassbarkeit und stete Wirkung des Einen in allem begreifen. Sei dies das Gaia-Konzept der Ökologen, die Akzeptanz der manifesten Wirkung des infinitesimal Kleinen im Fraktal, die Dualität von Welle und Teilchen in der Physik, oder die Erkenntnis der Illusion von Macht in Politik und Sozialwissenschaften. Sei es durch moderne oder archaische Wege der Erkenntnis; Wer erfasst hat, dass sich hinter der Ebene der wahrnehm- und messbaren Phänomene eine zweite, mit dieser untrennbar verwobene Ebene befindet, der kann augenblicklich voll Bewunderung die Musik der Elfen auch heute noch hören. Alle Hektik und egozentrisches Sicherheitshaschen wird plötzlich unnötig und der nunmehr zum Druiden gewordene Lehrling kann seinen Weg nun selbst bestimmen, auch wenn er äusserlich genau dasselbe tut wie zuvor. Bange Ahnung wird zur Gewissheit und die Furcht muss der Geborgenheit weichen. Das Undenkbare wird plötzlich denkbar und dadurch stehen manchen sogar die Tore der Wanderung durch Zeiten und Leben offen. Alles Seiende wird als belebt verstanden.
Aus dieser Perspektive heraus wird es möglich, anderen auf ihrer Suche behilflich zu sein und seine eigene Gewissheit durch nunmehr voll entflammten Forscherdrang zu vertiefen. So erklärt sich auch, weshalb die Druiden so viel Wert auf die mündliche Überlieferung legten: Jeder muss sich seine eigenen Gedanken machen. Nur das Nachbeten sinnentleerter Floskeln ist – sinnlos. Das ist auch der Grund, weshalb Druiden seit jeher gleichzeitig im Rufe der Zurückgezogenheit stehen und gleichzeitig als Berater von Häuptlingen und Königen standen. Im ganzheitlichen Verständnis dieser und der anderen Welt liegt auch die Fähigkeit der Druiden, zu heilen, was zu heilen ist.
Ein Wort der Warnung jedoch: „Wissenschaft ohne Religion ist lahm, Religion ohne Wissenschaft ist blind.“ (A. Einstein). Wer sich im geschickt ausgelegten Labyrinth des machtbesessenen Tyrannen Minos verliert, den kann nur die Erkenntnis der Liebe retten. Viele haben durch das Studium die Namen von Vater und Mutter vergessen und sind zu blossen Sklaven, umherirrend in den Tiefen der sogenannten Wissenschaft geworden. Merke: Die Wissenschaft allein schafft kein Wissen! – Ob Du als Hauptpfad nun Handwerk, Religion oder Musik und Kunst wählst, das bleibt Dir überlassen, doch stellt ein Druide niemals einen Pfad über den anderen.