Sterbe und Totenglaube der Druiden

„Den“ keltischen Totenkult gab es nicht. Die Vorstellung von der Anderswelt entwickelte sich im Laufe der Zeit innerhalb der verschiedenen keltischen Stämme recht unterschiedlich. So waren auch ihre Bestattungsriten verschieden.

Allen Kelten jedoch war die „Schuldfrage“ – erst mal egal!! Nach dem Ende des diesseitigen Lebens erwartete sie im „Jenseits“, also der Anderswelt kein „Totengericht“ oder gar ewige Verdammnis. Im Gegenteil: Nach einer gewissen Zeit in der Zwischenwelt erwarteten sie ganz normal in der Anderswelt wieder geboren zu werden. Starb ein Andersweltlicher, so erwarteten sie eine Geburt in dieser Welt.

Die Druiden selbst sahen (und sehen) die Angelegenheit etwas differenzierter: Alle Dinge existieren, jedes nach seiner Art aufgrund des Zusammenkommens und der Verbindung verschiedener Einflüsse. Fühlende Wesen, so auch die Menschen existieren aufgrund der (hoffentlich liebenden) Verbindung zwischen Mann und Frau. – Und des Willens des Himmels und der Erde. Ohne den Geist des Vaters Himmel und die Substanz der Mutter Erde kann kein Leben sein. Das ist übrigens noch immer das Geheimnis der Hostie, welche sich in den Gralskelch senkt. Also braucht es total vier Wesen aus je zwei Gegensatzpaaren, welche ihren Willen zur Inkarnation eines Menschen in einem menschlichen Körper geben. – Tönt das nach Keltenkreuz? Jepp, tut es!! Die horizontale Ebene (links und rechts) sind hier die leiblichen Eltern, Scheitelpunkt und unterster Punkt symbolisieren Vater Himmel und Mutter Arda.

Wenn diese vier ihren Willen geben, so ist es einer neugierigen Seele erlaubt, sich im „Haus der drei Sonnen„, also einem menschlichen Körper einzufinden und die „Lampen“ darin mit dem Licht des Lebens zu erfüllen.

Schon mal gefragt, warum sich Seelen überhaupt inkarnieren? – Ich meine sie könnten wie der gute Aloisius ja auch im Himmel, beziehungsweise im Meer der Seelen bleiben und dort ihr Manna saufen und nen coolen Groove dazu harfen.
Der Grund ist, dass der Einzige Ewige Ungeteilte (Umfasst übrigens Gott und Göttin, Himmel, Erde und alles Seiende inklusive alle derzeit inkarnierten Wesen aller Welten) auf immerdar perfekt ist.
Um den Teilen seiner selbst, welche sich selbst und die Schöpfung kritisch hinterfragen die Antwort auf ihre Fragen zu ermöglichen, wird diesen Teilen gestattet in diejenigen Sphären der Existenz abzutropfen, auf welcher sie ihre Fragen beantworten können – um danach erleuchtet im Bewusstsein um die Einheit mit dem Ewigen in ihn ein zu gehen.

Dieses Eingehen nun findet bei jedem Lebenswechsel temporär statt: Nach dem Tode schwirrt die Seele mit einem Teil des Bewusstseins, vorzugsweise aus dem Mund, aber zur Not aus jeder beliebigen Körperöffnung oder irgend einer Pore aus dem Körper. Das kann auch schon mal während einer Narkose oder eines Schocks passieren. Man sieht sich dann von oben, quasi wie in einer Verfolgungskameraansicht. Nachdem die Seele begriffen hat, dass sie tot ist (was für Viele eine schlimme Erkenntnis ist), wendet sie sich meist dem für sie interessantesten Teil des Universums zu: Dem klaren Licht. Wie ein kleiner Lichtpunkt strebt sie ihm, früher oder eben später entgegen und wird bald „ins Haus des Vaters eingehen“. Dort wird sie gemäss druidischer Überlieferung des grossen Geheimnisses das die Seelen bei der Geburt vom Bewusstsein des Vaters trennt wieder gewahr.  Nach einer Zeit von Erholung und Erkenntnis wird sich ein Teil von ihr von ihrem bisherigen Bewusstsein trennen, welches im „Himmel“ verbleibt und sich wieder inkarnieren. Das kann, je nach Fähigkeiten, Vorbedingungen und Grad der Erkenntnis in einer beliebigen Welt einer der Sphären sein. Stell Dir das in etwa so vor, wie einen Reisekatalog: Du kannst all diejenigen Inkarnationsmöglichkeiten wählen, welche für Dich geeignet sind. – Nicht aber diejenigen, welche für Dich momentan aufgrund mangelnder Eignung gesperrt sind.

Die Einflussfaktoren sind Erfahrung, Schuld&Verdienst, Vorhandensein bereits bekannter Seelen und Grad an Erkenntnis, sowie gewünschte Erfahrung und Neigungen. Wer mehr darüber wissen will, soll sich eben mit dem Karmakonzept beschäftigen. Die Wahlmöglichkeiten können dabei übrigens in jeder beliebigen Zeit, liegen. Man kann sich also auch in der Vergangenheit reinkarnieren. – Ein anfangs schwer verdaulicher Gedanke, zugegeben. Doch Zeit und Raum sind Beschränkungen, welche nur innerhalb der jeweiligen Realitäten gelten.

Vor der Reinkarnation ist es für Seelen durchaus üblich, ihren Körper beziehungsweise ihre zukünftigen Eltern etwas zu beobachten. Viele Schwangere berichten über seltsames Verhalten von Tieren, Pflanzen oder das seltsame Gefühl unglaublich liebevoll beobachtet zu werden. Diese mächtigen in gemeinsamem Bewusstsein mit dem Einen Ewigen sind Seelen auf Suche nach einem geeigneten Zuhause. Bei der Geburt schlüpfen diese Seelen dann mit dem ersten Atemzug in ihren neuen Körper. Zuvor wird ihnen jedoch die bewusste Verbindung mit dem Einen und die Erinnerung an alle ihre vorhergehenden Leben genommen. – Oder möchtest Du im Bewusstsein mit all dem Leid und gebauten Mist aller vergangenen Leben existieren? Na danke, Ich nicht!

Tja und dann beginnt die Reise durchs Leben mit alle den Versuchungen, Illusionen, Gefahren, all den Wundern und der unverhofften Liebe, welche nur das Leben bieten kann.

Sterberitus:
Am Ende eines Lebens, dem zuvor beschriebenen Auszug der Seele aus dem fleischlichen Körper ist es wichtig, dass einige Sachen eingehalten werden:

Erstens soll sich die Seele ohne Eile, doch so bald als möglich in die richtige Richtung auf den Weg machen. Es gibt nur einen Ausgang aus der Zwischenwelt – der Andere ist Illusion und kostet nur Zeit. Das Problem daran ist, dass manche Seelen durch irgendwelche Anhaftungen zu lange in der Zwischenwelt hängen bleiben. Hellsichtige kennen das dann als Geister aller möglichen Arten. Mit zunehmender Zeit lösen sie sich auf. Das ist eigentlich kein Problem, weil sie so auch nach Hause ins Licht kommen – Aaaber sie verlieren dabei eine Menge des eigenen Wesens. Andere, ganz besondere Spassvögel unter den Verschiedenen hocken sich mehr oder weniger lange in Bäume, Häuser oder suchen ganz bestimmte Menschen heim. Das ist sowohl für die Seelen, als auch für die Lebenden lästig. Deshalb war es für die Druiden sehr wichtig, dass die Seelen unverzüglich nach ihrem Ableben den richtigen Weg einschlagen.

Deshalb wurden keltische Tote wenn möglich verbrannt und der „Staub“ auf verschiedenste Art der Mutter Erde zurück gegeben. Mancherorts/zeits in Stoffbeuteln, einfach lose direkt auf dem Verbrennungsplatz, in Gewässer, oder in Urnenbeisetzungen auf Grabfeldern, dem „Totenacker“ oder in den alten Hügelgräbern. Für die richtige Ausführung der Rituale waren die Schwarzdruiden zuständig.

  • Während des Sterbevorgangs und bis zum Beginn der Verbrennung die Begleitung in Meditation und das Begleiten der Seele auf den ersten Schritten ins Licht, bis sie von selbst dem Licht entgegen entschwindet. Dies ist der wichtigste Teil!!! Erst mal muss ja eine Seele, die noch stark an ihrem Ego und ihrem Körper hängt das Ende ihrer irdischen Existenz akzeptieren!
  • Das Feststellen des Todes durch den „Spiegel der Seelen“ (Wenn der Spiegel, vor den Mund des Toten gehalten beschlägt, so atmet er und ist nicht tot)
  • Das Schliessen der Augen und das Öffnen des Mundes: Damit werden die „Fenster hinter denen kein Licht mehr brennt“ geschlossen und der Seele oder dem „Odem“ der Weg nach aussen geöffnet.
  • Mancherorts wurden die Toten zuerst rituell enthauptet und erst nach der Versicherung, dass die Seele völlig aus dem Körper gewichen war und nicht mehr in diesen zurück konnte verbrannt.  Die Kelten waren nämlich oft sehr abergläubisch bzw. real feinfühlig und fürchteten sich sehr vor der Rache von Widergängern, entzürnten Totengeistern und verirrten Seelen.
  • Die Aufschichtung eines Scheiterhaufens und die Lobgesänge zu Ehren des Verstorbenen. Heute würde man Nekrolog oder Totenrede sagen.
  • Erst wenn die Seele ihren Tod akzeptiert hat: Die Entzündung des Scheiterhaufens und das Verbrennen des Leichnams. Das ist normalerweise innert weniger als einer Woche unserer Zeitwahrnehmung der Fall.
  • Nach dem Erkalten der Asche, einsammeln derselben und endgültige Bestattung in der Erde an einem Ort an welchem die Hinterbliebenen des Toten gedenken konnten.
    Die Asche von Verbrechern wurde „in alle Winde“ also Himmelsrichtungen verstreut.

Warum Verbrennung? Das war wichtig um Seuchen oder Grundwasserverseuchung vorzubeugen. Die Art und Weise der Entzündung, die Art der Hölzer und beigegebenen Kräuter variierte dabei im Verlauf der Jahrhunderte und der verschiedenen keltischen Stämme. Die Seele und der Rauch kehrten aber bei allen zurück zum Einen Unendlichen, der Körper in Form der Asche zurück in den Schoss von Mutter Erde. Mancherorts fanden nach Schlachten auch Massenverbrennungen statt. Das war’s wohl, was der olle „Biggus Dickus“ Cäsar in seiner Kriegspropaganda als Massenmord verleumdet hat.

Aus obigen Ideologien resultiert, dass für die Kelten der Tod keinen besonderen Schrecken hatte: Wer voll Stolz und Selbstbewusstsein ein gutes Leben geführt und einen guten Tod gefunden zu haben vor seinen Schöpfer trat, der braucht sich schon im Leben vor nichts zu fürchten. Selbstmörder, Schwerverbrecher deren Taten nicht gesühnt worden wären und solche die ohne nennenswerte Taten die an ihrem Scheiterhaufen zu besingen gewesen wären starben galten jedoch als wortwörtlich „gescheitert“.

Deshalb war die einzige Angst eines aufrechten Kelten, dass der Himmlische Vater dereinst auf die Erdmutter stürzt. So war es bei ihnen durchaus üblich, Schulden aufzunehmen und deren Begleichung für das nächste Leben zu vereinbaren. Die Partner gingen davon aus, sich im nächsten Leben wieder zu begegnen und unbewusst die Schuld zu begleichen!!

Irrglauben:
In gewissen keltischen Kulturkreisen gab es aber auch eher schwarze Riten, wie das Kopfabhacken bei gefallenen Gegnern. Im Irrglauben, wenn der Sieger dem Getöteten die Lippen zunähe, könne dessen Seele nicht entweichen und müsse im Schädel gefangen bleiben, wurden ganze Schädelsammlungen einbalsamierter Gegner angelegt und als Schlachtdekoration an den Pferden befestigt. – Kinderkram! Die Seele kann durch jede beliebige Öffnung entweichen!

Andere Kelten praktizierten die rituelle Verzehrung von besonders verehrungswürdigen Krigern, Gegnern, Weisen etc. – Durch die Einnahme vom Stoff des Verstorbenen erhofften sich die Einnehmenden den Erwerb von wünschenswerten Eigenschaften auf sich, oder bezeugten so ihren tiefen Respekt indem sie seinen Stoff zu dem Ihren machten und ihn so niemals vergessen zu glaubten. – Man wird, was man isst…  Wenn man sich den Seelenabdruck eines soeben unter grossen Schmerzen und in Panik Verschiedenen, eines altersschwachen Greises oder gar eines Kranken einverleibt, so bleibt das nicht ohne Konsequenzen.
Das gilt auch noch heute: in einer Gesellschaft, die sich von Treibhausgemüse, Huhn, Schwein und Rindfleisch ernährt, muss man sich ja auch nicht wundern, warum die meisten Menschen an panische Hühner, Schweine oder Rindviecher während ihres Ganges zum Schlachthaus erinnern.

Dennoch ist der Verzehr von Heldenblut, Herz und Hirn nicht zu empfehlen!! Nicht nur dass der Mensch als Toplevelpredator eine höllisches Bioakkumulationsniveau aufweist, auch jegliche Krankheiten werden so nur zu leicht übertragen. Abgesehen davon ist es schwer heute einen Helden zu finden.

Spass beiseite: Schon damals schüttelten die Druiden meist nur betrübt ihre Häupter, wenn solche Sakrilegien begangen wurden:  Das „Übergehen lassen in Fleisch und Blut“ geht nämlich völlig anders: Richtigerweise ist es schlicht und einfach eine Lehrzeit beim betreffenden Meister, Helden oder Weisen und nicht dessen Verzehr (Wenn auch gewisse Möchtegernedruiden sehr zehrend sein können)

Modernes Druidentum:
Die heutigen Druiden vom wandernden Ast (Auf jeden Fall auf meinem Zweig) neigen zur Annahme, dass alles Leben dreigeteilt aus Körper, Geist und Seele besteht. Der Körper vergeht nach dem Tod. Der Geist verweht entweder, wenn die Seele ihren Aufstieg ins Licht zu lange herauszögert, kann aber durch unglückliche Umstände recht penetrant anhaltend sein. Mit dem Eintritt ins Licht wird ein Grossteil des Geistes für immer konserviert, wird engelähnlich „schlafend“. Dieser Prozess ist noch wenig erforscht. Die Seele selbst ist ein unsterblicher, untrennbarer Teil des Einen Ewigen, so wie Wasser immer Teil des Wasserkreislaufs ist. Während ihrem Aufenthalt im „Meer der Seelen“, also dem Haus des Einen  ist sie sich all ihrer vergangenen Inkarnationen liebevoll gewahr.  Während der Inkarnationen ist dies normalerweise nicht oder nur ahnungsweise der Fall. In tiefer Meditation, durch bedingungslose Selbstaufgabe in universeller Liebe, Loslösung von allen Anhaftungen ans Stoffliche und das eigene derzeitige „ich“ kann diese Grenze recht dünn werden.

Durch einen Zusammenzug der buddhistischen, tibetischen, ägyptischen, christlichen und diverser Urkulturen sind wir zur Überzeugung gekommen, dass das restliche Modell ansonsten so aufrecht erhalten werden kann. Hat hier ein Wikinger was von Walhalla gebrüllt? – Stimmt genau: Jede Inkarnation, jeder Tag Walhalls ist für den Wikinger ein Kampf, an dessen Ende er in Walhalla (Weg des aufrechten Kriegers) oder Fensalir (Weg des Friedens und der Liebe) Platz nimmt.

All obige Ausführungen tun dem Schmerz und der Trauer der Hinterbliebenen keinen Abbruch, vermögen jedoch anstelle nagender Ungewissheit Trost und Friede zu bringen.
Diese Ausführungen wurden bisher nur mündlich weitergegeben und – typisch druidisch – weiterentwickelt. Möge jeder der sie verwendet den Lohn empfangen, der ihm dafür zusteht.

In Memoriam
Georg Leidemann 12.7.1937- 28.10.2013

Je schöner und voller die Erinnerung,
Desto schwerer ist die Trennung.
Aber die Dankbarkeit verwandelt
Die Erinnerung in eine stille Freude.

In Trauer
Dein Ben

Schlaf gut Vater.