Die Kelten waren ein stolzes und kriegerisches Völkchen. Wer den Schatten eines Kriegers oder seines „Ambacten“, seines Busenfreundes kreuzte, beging eine tödliche Beleidigung. Mächtig angeben und nicht nur im Metrausch ordentlich draufhauen, war an der Tagesordnung. Raufbolde wäre eine nahezu liebevolle Bezeichnung, nicht nur für die Gallier, sondern für viele Kelten.
Und dann war da der „eher zart besaitete“ Typ mit der Harfe… Wie sollte der es anstellen, nicht ganz schnell in die Mangel eines betrunkenen Muskelprotzes zu geraten?
Ganz einfach: Die Druiden hielten untereinander stammes- und kultur-(!!) übergreifend zusammen wie Pech und Schwefel. Wer sich einen Druiden zum Feind machte, den Druidenzorn heraufbeschwor, dem fiel schon mal „der Himmel auf den Kopf“. (Sprich er wurde vom Schatten seiner Taten eingeholt).
Was aber nun wenn sich zwei oder mehrere Druiden trafen und nicht derselben Meinung waren? – Uneinigkeit gegen aussen hätte und hat die Stellung der Druiden und ihren Zusammenhalt untereinander empfindlich geschwächt.
Die allerersten der Druidenvorväter haben dazu ein System aus Charakterschulung, Rhetorik und Informationsaustausch ersonnen, um dein Zusammenhalt der Druiden und ihre Funktionsfähigkeit als unentwegte Friedensstifter unter den Stämmen zu sichern. Erst als dieses System von einigen Selbstdarstellern und machtgeilen alten Böcken unterwandert wurde, kam es zuerst zur Abspaltung der Frauen und dann der Teilung in die drei Äste des Druidentums. Die Eroberung durch den ollen Julius war damit schon weitgehend vorgespurt.
Doch kehren wir zurück zum ursprünglichen, irgendwo zwischen Steinzeit und Anfang des Bronzezeitalters ersonnenen Systems:
Damit die diversen protokeltischen Stämme zu Beginn ihrer Sesshaftigkeit in Europa nicht in sinnlosen Kleinkriegen ihre Gedanken und arbeitskräftigsten Angehörigen verschwendeten, sondern sich der durchaus relevanten Frage des blanken Überlebens in Winter- und Hungersnöten widmeten, musste zwischen den einzelnen Stämmen der Informationsaustausch verbessert werden. Meldeläufer, Diplomaten und geschickte Unterhändler überwanden die oftmals bestehenden Kultur und Sprachbarrieren zwischen den Stämmen und halfen, Missverständnisse auszuräumen. Bald entstand der Berufsstand des Druiden der „Männer wie Eichen, die nichts erschüttert“. Sie begannen untereinander nicht nur ihre diplomatischen Erfahrungen auszutauschen, sondern Heilrezepte, Wissen über Ackerbau und Verlauf und Anzeichen der Jahreszeiten. Damit das flotter ging, sprach jeder Druide möglichst viele Sprachen fliessend. Zur Zeit der beiden und wohlbekannten Gallier (der Kleine mit dem grossen Hirn und sein Ambact, der grosse Hinkelsteinträger mit dem kleinen Hund) sprach und las Miraculix sicher nicht nur fliessend Latein, Griechisch, diverse gallische Dialekte und hibernisch, sondern konnte sogar einige der uralten Petro- und Hieroglyphen entziffern.
Um gegen aussen eine einheitliche und sinnvolle Position einnehmen zu können, trafen sich die Druiden überregional mindestens einmal im Jahr zu einem „Druidenrat“ im Nemeton, nicht nur in Carnuntum, im Druidenwald (dort wo heute die Kathedrale von Chartres steht), sondern überall im keltischen Raum. Wer „Herr der Ringe“ gelesen hat, der weiss, wie die Bäume Rat hielten: Genauso bedächtig taten dies die Druiden, im Schatten der mit ihnen während des Rates sprechenden Bäume. (Oder was glaubst Du wozu ich das Buch „Sprechen mit Bäumen“ geschrieben habe?)
Dabei waren sie intern durchaus nicht immer einer Meinung: Durch Diskurs und Debatte musste ein gemeinsamer Nenner oder mindestens einen für alle möglichst optimalen Konsens gefunden werden.
Alle diese Begriffe „Diskus“, „Debatte“, Optimum“ und „Konsens“ sind dabei zutiefst magischer Natur und aus Druidensicht so heilig wie die Bäume in deren Bannkreis sie erarbeitet wurden.
Der „Erste der Druiden“ welcher bei jedem Treffen, für die Dauer desselben bestimmt wurde, hatte die Aufgabe, die Anwesenden zur Einhaltung der bestehenden Regeln anzuhalten und so für einen geordneten Ablauf zu sorgen, dass niemandem „Die Gefühle überschäumten“. – Eine verantwortungsvolle und ehrenhafte Aufgabe, die ihn aber um keinen Piep besser oder gar höher machte als die anderen Teilnehmer am Konklave.
Die Regeln, welche ein Druide, nicht nur innerhalb des Rates, sondern ein Leben lang dauerhaft zu schulen hatte entsprachen der uralten Triskele: Zu Wagen, zu Wissen, zu Schweigen.
In Bezug aufs Konklave im Nemeton bedeutet dies:
Jeden anderen ungeachtet seines Standpunktes aussprechen zu lassen.
(Zu wagen)
Sein Gemüt angesichts anderer Standpunkte nicht zu erhitzen, sondern mit „den staunenden Augen eines Kindes“ ohne zu werten möglichst im Gesamtzusammenhang „wahr zu nehmen“.
(Zu lernen, zu wissen)
Selbst möglichst wenig, nach angemessener Pause und nur wenn notwendig, dafür „in der Ruhe gereift und mit vollen Worten“ also mit Bedeutung und Inhalt zu sprechen.
(Zu schweigen)
Egozentriker, Egoisten oder gar Egomanen, hatten im Konklave keinen Platz. Grossmäulige und oder intrigante Politikernaturen wären von den Wache haltenden Ambactes der Druiden schlicht nicht einmal eingelassen worden. Dennoch war und ist es innerhalb jeder Gruppierung sehr wichtig, möglichst viele Naturelle, Ansichten und Weltanschauungen zu vereinen um im gegenseitigen Diskurs durch Informations- und Perspektivaustausch ein möglichst komplettes Bild zu erlangen. Es mag für viele neuromantische, Newage oder Reenactmentdruiden befremdlich sein, wenn die Druiden vom alten Ast deshalb auch andere Religionen, welche das Druidentum notabene über Jahrhunderte verfemt und verfolgt haben interessiert studieren (vgl Artikel Carl Hilty „Glück I bis III„). Doch nur im Studium der anderen Position findet man den Schlüssel zu gegenseitigem Entgegenkommen.
Es mag Situationen geben, wo die Gegensätze so unüberbrückbar sind, dass ein Konsens nicht möglich, ein Konflikt unvermeidlich ist. Es mag auch dermassen verwerfliche, intrigante oder korrumpierende Standpunkte geben, dass allein nur schon die Kontemplation derselben für den Druiden ein hohes Gefahrenpotenzial birgt. Der (zwischenzeitlich gesühnte und grösstenteils vergebene) Fall der Schwarzdruiden ist so ein Beispiel. – Vor dem Fall kommt der Hochmut, danach der Katzenjammer… Ein Dictum der Druiden besagt, dass jeder so stirbt, wie er lebt. „Wer durch das Schwert lebt, kommt durch das Schwert um – Wer in Frieden lebt, stirbt in Frieden [mit sich]“.
Deshalb war und ist es für jeden Druiden auf dem Alten weg von allerhöchster Wichtigkeit sich und seine inneren Werte fortlaufend aufs Genaueste zu überprüfen und sich durch Nachdenken, körperliche Ertüchtigung, und gesunde Ernährung, laufend zu läutern.
Die zentralen Werte, wie sie heute durch verschiedene Newagdruiden, diverse gar nicht mehr so geheime Gesellschaften, wie Freimaurer, Odd Fellows, Druidenorden oder diverse andere propagiert werden, kommen dem zumindest vordergründig recht nahe: Das Bewusstsein der eigenen Verantwortung als halbgöttliches, also zur bewussten Zuwendung zum Guten oder Bösen befähigtes Wesen in einer Gesellschaft aus eben solch freien Wesen, birgt eine enorme Verantwortung. Insbesondere da viele der „Brüder und Schwestern“ sich der Verantwortung ihrer Freiheit, welche nur den Menschen, weniger den Tieren, beinahe nicht den Pflanzen und den Steinen gar nicht gegeben ist, sich nicht bewusst sind, diese ignorieren oder schlicht zu blöde oder ignorant sind um sie zu realisieren. Aber auch in einer Welt voller „Ignoranten“ als wörtlich Unwissenden darf der Druide nicht zur Überheblichkeit neigen: Wie viel können wir von der Reinheit und unschuldigen Weisheit der Kinder lernen!!! Wie viel bringen uns Tiere, Pflanzen, ja selbst die Steine mit dem Gesang ihrer Frequenzen bei!!
Druiden erkennen und betrachten alles Seiende als gleichwertig und suchen Harmonie und Einklang zwischen allem was zu empfinden vermag: Urteile möglichst zurückhaltend, lass andere auch provokante Standpunkte zu und versuche so viel wie möglich davon zu verstehen, ohne Deine Grundwerte der göttlichen Brüderlichkeit alles Seienden zu beeinträchtigen. Doch sprich und handle entschlossen, wenn es gilt, Leid zu verhindern oder Freude zu mehren – Das gilt nicht nur für Druiden.